11. Kaiserliche Inquisition in der Teschener Münzstätte im Jahre 1649
Wie wir sehen, hatten die Teschener Münzmeister in der Regierungszeit von Herzogin Elisabeth Lukretia Münzen mit einem niedrigen Nennwert dafür aber in zahlreichen Ausgaben geprägt. Diese Vorgehensweise musste für sie gewinnbringend gewesen sein, wenn sie ihre Tätigkeit immer weiter fortgesetzt hatten. Die Verpachtung der Münzrechte war auch eine beachtliche Einkommensquelle für die Herzogin, die doch ständig Schulden hatte. Die Verpachtung der Münzrechte stellte drei Prozent ihrer Gesamteinkünfte dar. Demgegenüber war den Habsburgern eine solche Nutzung ihrer Münzrechte ein Dorn im Auge. Sie hatten es seit langem angestrebt, die Reste der Souveränität der einzelnen schlesischen Herzöge einzuschrän-ken. Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges und nach der Unterzeichnung des Westfälischen Friedensvertrages hatte Ferdinand III. ein weiteres Mal begonnen, Ordnung zu schaffen. Der Vertrag ließ ihm nämlich in den Angelegenheiten von Schle-sien freie Hand. Der Vorwurf, dass die Teschener Münzen nicht hochwertig seien und nicht nach gesetzlichen Vorschriften geprägt werden würden, gab ihm den Vorwand einzugreifen. Im April des Jahres 1649 hatte der Landeshauptmann von Schle-sien den Befehl erlassen, die Münzstätte zu schließen. Er hatte auch noch die Anordnung erteilt, die Teschener Münze aus dem Umlauf und der weiteren Benutzung in Schlesien zu ziehen. Herzogin Elisabeth Lukretia war selbstverständlich nicht damit einverstanden und ordnete eine interne Untersuchung an. Diese Untersuchung hatte jedoch keine Unregelmäßigkeiten ergeben. Daher verlangte sie die Entsendung eines besonderen kaiserlichen Bevollmächtigten. Außerdem hatte sie ihrem Rechtsvertreter in Breslau, dem Gelehrten Heinrich Cunrandt, den Auftrag erteilt, in der Hauptstadt von Schlesien ihre Münzrechte zu verteidigen. Gleichzeitig hatte Hans Losch die Beschuldigungen entschieden zurückgewiesen. Die Herzogin hatte ihn jedoch vorsorglich festnehmen lassen. In einem Schreiben an sie hatte Losch auf seine fast dreißig Jahre dauernde Tätigkeit im Dienste ihres Vaters und Bruders hingewiesen und betonte, dass es in dieser Zeit weder Klagen über ihn noch jegliche Zwei-feln an seiner Ehrlichkeit gab. Er musste jedoch in Untersuchungshaft bleiben, obwohl viele ehrbare Stadt-bürger bereit waren, für seine Rechtschaffenheit zu bürgen. Am 5. Mai hatten der Stadtvogt und die Schöffen die Werkstätten von Losch und Bremen versiegelt. Sie hatten ebenfalls den Bestand an Werkzeugen auf-geschrieben, die für die Münzproduktion erforderlich waren und die dem Münzmeister Losch gehörten. Die Werkzeuge von Ludwig Bremen, dem Skotschauer Münzmeister, wurden ebenfalls verzeichnet. Diesen Maßnahmen verdanken wir heute unser Wissen über die Ausstattung einer Münzstätte im 17. Jahrhundert. Die Ausstattung entsprach dem Ablauf des Produktionsvorgangs zu dieser Zeit. Zuerst wurde das Rohmaterial vorbereitet und dann eine Legierung mit einem entsprechendem Gehalt an Edelmetall erstellt. Die Legierung wurde zu einem Blech ausgewalzt und dann auf einem Amboss dünn geklopft. In den beiden Werkstätten fanden sich Schmelzöfen, Tiegel aus Kupfer und Eisen, Schüssel und Kessel und sogar eine eiserne Pfanne zur Metallerwärmung. Solche Werkzeuge gehörten zur Ausstattung der Werkstatt von Losch. Aus dem dünn geklopften Blech hatte man Metallscheiben mittels einer Schere oder eines Schrotmeißels ausgeschnitten. Bei dem Schrotmeißel handelte sich um einen Meißel mit einer scharfen Schneide, der es erlaubte, fertige Metallscheiben sofort zu erhalten. Die Prägung, die dann folgte, war der wichtigste Schritt bei der Münzherstellung. Dazu dienten verschiedene große und kleine Hämmer (beide Münzmeister hatten mehrere davon). Wichtiger als die Hämmer waren die oberen und die unteren Prägestöcke, von denen die unteren in einem Holzhalter befestigt waren. Man hatte festgestellt, dass Losch vierzig alte und neue von den oberen Prägestöcken besaß, Bremen dagegen nur vier neue hatte. Das Inventarverzeichnis bezeichnet sie als aus Eisen hergestellt. Sie waren jedoch sicherlich aus Stahl, wie in den anderen Münzstätten auch. Das plastische Bild beider Münzseiten wurde von dem Stempelschneider (Graveur) in die Prägestöcke eingraviert. Die letzte Aufgabe bei der Herstellung von Münzen war das Weißen. Dadurch sind die Münzen heller geworden. Es hieß, durch das Weißen könne man die in einer Münzstätte gemachten Münzen von den gefälschten unterscheiden, tatsächlich aber hatten die Münzen den Eindruck erweckt, als ob ihr Edelmetallanteil höher wäre, als es in Wirklichkeit der Fall war. Das Weißen geschah dadurch, dass man die Münzen in Kesseln gekocht hatte, die mit einer Salz- und Weinsteinlösung (Kaliumtartrat) gefüllt waren. Das Salz und der Weinstein hatten die beiden Münzmeister in Fässern und Säcken aufbewahrt. Der Rest der damals aufgeschriebenen Ausstattung bestand aus Waagen und Gewichten sowie aus Behältern mit Pagament und Kupferschrott.
Die kaiserliche Güterverwaltung in Breslau hatte in ihren weiteren Schreiben ausgeführt, dass die schlechten Teschener Münzen ganz Schlesien, vor allem Oberschlesien überflutet hätten. Schuld daran sei der Vertreter der Münzstätte, der Jude Jakob Singer. Es wurde angeordnet, ihn ebenfalls festzunehmen. Singer wies diese Vorwürfe energisch zurück und sagte aus, dass er ausschließ-lich das Pagament geliefert, sowie die Münzen in ver-schiedene Orte des Landes gebracht habe (was auch die Münzmeister bestätigt hatten). Darüber hinaus habe er sich fast zwei Jahre außerhalb von Teschen, nämlich in Krakau aufgehalten. Der Vollständig-keit wegen wurden auch Ludwig Bremen und der Pro-bierer Stadler festgenommen. Sie alle saßen einige Zeit im Keller unter dem Rathaus ein und hatten sich darüber beschwert, dass die Örtlichkeit feucht und muffig sei. Die kaiserlichen Abgesandten waren in Teschen erst am 20. Juni erschienen und hatten vier Tage Losch und seinen Helfer verhört. Außerdem hatten sie die Münzen sowie die Werkzeuge untersucht. Das Misstrauen der Untersuchungskommission wurde dadurch erweckt, dass sowohl Losch wie auch Bremen eigentlich ohne einen Probierer tätig waren und dass auch früher der Münzmeister Rundt mit dem Probierer Stadler verschwägert war. Im Zuge der Untersuchung hatte sich die Kommission zum „Pilothischen Hauße, alwo anjetzo Hanß Loses Laboratorium ist” , also in die Werkstatt von Losch, begeben. Losch wurde aufgefordert, das Feuer anzuzünden, damit die Münzen geschmolzen werden und der Anteil an Edelmetall geprüft werden könnte. Es stellte sich heraus, dass Losch aus einer Münzmark Silber 243 bis 244 Münzen geschlagen hatte, Bremen dagegen mehr (sogar bis 256). Im Großen und Ganzen hatten jedoch die kaiserlichen Beamten keine strafwürdigen Unregelmäßigkeiten feststellen können. Sie registrierten nur Unordnung, Kontrollmangel und ähnliches. Die Kommission hatte ebenfalls festgehalten, dass das zum Einschmelzen bestimmte alte Geld hauptsächlich in Krakau gekauft worden sei, dass man das reine Silber nicht eingeführt habe und die Goldmünzen nur in einer geringen Anzahl zu Repräsentationszwecken geschlagen worden seien. Das wichtigste jedoch war die Feststellung, dass sich das Gewicht und der Edelmetallanteil der untersuchten Münzen von denen der kaiserlichen durch nichts unterschied. Letztendlich hatte der Kaiser im August die festgenommenen Münzmeister gegen Bürgschaft freigelassen. Einige Bürger waren bereit eine solche Bürgschaft, auch für den Juden Singer, zu leisten.
Auf diese Weise ist die Angelegenheit zu Ende gegangen und nach einem halben Jahr Unterbrechung konnte die Herzogin die Tätigkeit der Münzstätte wieder aufnehmen lassen. Die kaiserliche Inquisition hatte zwar nichts Strafbares in den Aktivitäten der Münzstätte zu Tage gebracht, hatte jedoch zur Folge, dass Hans Losch nicht weiter in Teschen gearbeitet hatte. Er begann ab 1650 die bischöfliche Münzstätte in Kremsier (Kroměříž) in Mähren zu leiten und starb dort im Jahre 1655. In Teschen ließ er ein Haus und die Kinder, Tochter Anna und Sohn Wilhelm, zurück. Wilhelm wurde Goldschmied. Auch Bremen verließ Skotschau, nachdem er von der Kommission verwarnt worden war, dass seine Münzproben den Normen nicht entsprechen. Danach hörte die Tätigkeit der Münzstätte in Skotschau für immer auf