Die Teschener Herzöge aus dem Geschlecht der Piasten
Die Geschichte von Teschen, das den stolzen Namen einer Piasten-Stadt trägt, ist untrennbar mit der Dynastie der Piasten verbunden. Die Piasten hatten der Stadt eine zentrale Stellung gesichert, die sie zum Mittelpunkt der Region erhoben hatte, und die von ihnen erlassenen Rechtsakte hatten einen wegweisenden Charakter für das Leben ihrer Bürger. Die Piasten waren die Stifter und die Schirmherren der in der Stadt errichteten Kirchen, Klöster und aller öffentlicher Einrichtungen. Ihr Einfluß erstreckte sich auf fast jeden Lebensbereich im alten Teschen. Das Interesse an der Geschichte der Piasten und an den mit ihr verbundenen Denkmälern ist dadurch selbstverständlich.
Schlesien wurde um das Jahr 990 dem sich damals bildenden polnischen Staat vom Fürsten der Polanen Mieszko I. einverleibt. Mieszko I. war der erste historisch verbürgte Herrscher aus der Piastendynastie. Die Burg in Teschen hatte die Aufgabe, die Grenze des Mieszkostaates im Süden zu verteidigen. Im Namen des polnischen Herrschers residierte in der Burg ein Kastellan (Burggraf), der gleichzeitig über den angrenzenden Bezirk, die Teschener Kastellanei, regierte. Im 11. Jahrhundert hatte die Teschener Kastellanei das Schicksal des Staates der ersten Piasten geteilt. Unter anderem war sie den Versuchen der böhmischen Herrscher ausgesetzt, Schlesien zurückzuerobern. Von der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an teilte sich Schlesien durch Vererbung in immer kleinere Herzogtümer, in denen dann verschiedene schlesische Piasten-Nachfahren herrschten. In dieser Zeit gehörte die Teschener Kastellanei dem Herzogtum Oppeln-Ratibor. Am Fuße der Burg entstand damals eine Siedlung, aus der sich allmählich die Stadt Teschen entwickelte. Ihre Einwohner hatten dem Hofe des Burggrafen verschiedene Dienstleistungen erbracht, und mit der Zeit bildete sich dann ein fester Stadtorganismus, der bestimmte Pflichten den Herrschern gegenüber hatte, dem aber gleichzeitig von den Herrschern seine Rechte bestätigt wurden. Im Namen des Herzogs verwaltete ein Vogt die Stadt, und außer ihm waren in der Stadt vom 13. Jahrhundert an Stadtschöffen tätig. Für die Oppeln-Ratiborer Piasten war Teschen vor allem ein Militär- und Verwaltungszentrum. Die Herzöge nahmen sich jedoch auch anderer Bedürfnisse der Bürger an, indem sie zum Beispiel in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts außerhalb der Stadtmauern das Dominikanerkloster stifteten. Die Lage veränderte sich, nachdem um das Jahr 1290 das selbständige Teschener Herzogtum entstanden war. Sein Oberhaupt wurde Mieszko I., der älteste Sohn des Herzogs von Oppeln-Ratibor Ladislaus I. Der neue Herrscher schuf in seinem kleinen Staat die erforderlichen wirtschaftlichen Grundlagen und eine eigene Verwaltung. Er gab auch die Richtung für die Staatspolitik vor, zu der unter anderem eine Annäherung an das immer stärker werdende Königreich Böhmen gehörte. Die Teschener Burg wurde zum Sitz eines Herzogshofes und Teschen somit zu einer Herzogsstadt, die unter dem unmittelbaren Schutz des Herrschers stand. Während der Herrschaftszeit Mieszkos I. wurde die Stadt an der Olsa nach den von Löwenberg (Lwówek Śląski) übernommenen Stadtrechten regiert. (Nach den gleichen, diesmal wiederum von Teschen übernommenen, Stadtrechten wurde auch Zator und Sillein (Žilina) regiert.)
Nach dem Tode von Mieszko I. um das Jahr 1315 hatte sein jünge-rer Sohn, Kasimir I., die Herrschaft in Teschen übernommen. Im Jahre 1327 leistete Kasimir I. dem böhmischen König Johann von Luxemburg die Lehns-huldigung. Diese Huldigung ermöglichte Kasimirs Söhnen eine Karriere am Prager Hof. Der Aufenthalt des älteren Sohnes Ladislaus in Prag dauerte nicht lange, weil er während eines Italienfeldzuges ums Leben kam, als er Karl IV. begleitete, der auf dem Weg nach Rom war, um die Kaiserkrone zu empfangen. Der jüngere Sohn, Primislav I., hatte anfangs das Hofrichteramt unter dem böhmischen König versehen. Später wurde er einer der Hauptberater zuerst Karls IV. und dann seines Sohnes Wenzel IV. Obwohl Primislav einen großen Teil seines Lebens außerhalb von Teschen verbracht hatte, widmete er seiner Hauptstadt viel Aufmerksamkeit. Während seiner Herrschaftszeit bildete sich endgültig das innere Rechtsystem von Teschen. Die Stadt wurde nach dem Magdeburger Recht regiert und der städtischen Verwaltung stand ein Bürgermeister und ein Stadtrat (1364) vor. Im gleichen Jahr hatte der Herzog die Privilegien der Stadt bestätigt. Seine Großzügigkeit leitete sich aus wohlverstandenem Eigeninteresse her. Der Herzog erhob Gebühren von jeglicher wirtschaftlichen Tätigkeit der Stadtbürger sowie Steuern und Abgaben sowohl von Kaufleuten und Handwerkern wie auch von der Stadt als Ganzes. Diese Einnahmen bildeten für ihn eine wichtige Einkommensquelle und waren auch zum Ausgleich der hohen Ausgaben erforderlich, die durch den Umbau der Teschener Burg in eine gemauerte gotische Residenz angefallen waren. Aus seiner Herrschaftszeit stammt auch die älteste uns bekannte Teschener Münze, und zwar der Heller mit einem Durchmesser von 12 Millimetern. Er wurde von dem Herzog noch vor dem Jahr 1384geschlagen. Auch die Nachfolger des Herzogs Primislav I. Noszak hatten Münzen prägen lassen.
Am Ende seines Lebens hatte sich Primislav I. aus der großen Politik zurückgezogen. Die Gründe dafür lagen in seinem hohen Alter und in seiner angeschlagenen Gesundheit. Er litt an Gicht und mußte von seinen Dienern auf einer Bahre getragen werden. Aus diesem Grund ging er in die Geschichte als Primislav der Getragene (Noszak) ein. Seine Nachfolge sollte sein ältester Sohn antreten, dem der Vater bereits die Gewalt über das im Jahre 1405 gewonnene Auschwitz übertragen hatte. Primislav der Jüngere wurde jedoch schon im kommenden Jahr ermordet. Der Vater hatte alles getan, damit der Täter ergriffen wurde. Es war ein gedungener Mörder namens Martin Czech, Meerrettich genannt. Die Diener des Herzogs fertigten aus Metall ein Pferd auf Rädern an, dessen leerer Bauch mit glühender Holzkohle gefühlt wurde. Zur Abschreckung wurde der Mörder auf dem rotglühenden Pferd so lange durch Teschen gefahren, bis er starb.
Nach dem Tode von Primislav I. Noszak im Jahre 1410 hatte sein zweiter Sohn, Boleslaus I., die Macht im Teschener Herzogtum übernommen. Im Jahre 1412 heiratete Boleslaus eine Nichte des polnischen Königs Ladislaus Jagiello, Euphemie von Masovien. Seine Beziehungen zu der polnischen Krone waren enger als die seines Vaters. Boleslaus erließ im Jahre 1416 ein sogenanntes Großes Privileg, durch welches die Rechte der Stadtbürger gefestigt wurden. Von diesem Zeitpunkt an durften die Bürger von Teschen das Vermögen bis zur vierten Generation sowohl mütterlicher- wie auch väterlicherseits erben. Das Privileg hatte auch das Recht der Stadtbürger bestätigt, Landgüter erwerben zu dürfen. Die Handwerker und die Handwerkszünfte wurden dem Stadtrat unterstellt. Ohne das Wissen des Stadtrats durfte niemand seiner Beschäftigung im Umkreis von einer Meile von der Stadt nachgehen (sogenanntes Meilenrecht). Herzog Boleslaus bestätigte ebenfalls das Eigentum der Stadt an dem Dorf Ellgoth sowie den Kauf des öffentlichen Bades im Jahre 1420 durch Johann Weissenbörner. Die zweite Bestätigung war mit der Auflage verbunden, die armen Einwohner der Stadt kostenlos in diesem Bad zu bedienen. Dies beweist, daß den damaligen Möglichkeiten entsprechend, den Bürgern von Teschen die Bemühungen um Körperpflege nicht unbekannt waren.
Boleslaus I. war im Jahre 1431 verstorben. Er hinterließ vier minder-jährige Söhne, in deren Namen zehn Jahre lang seine Witwe Euphemie die Herrschaft ausgeübt hatte. Im Jahre 1438 verkauften die Herzogin und ihre Söhne an die Stadt Teschen das Recht, eigene Münzen zu schlagen. In den kommenden Jahren hatte also die Stadt kleine Münzen geprägt, die den Unzialbuchsta-ben „T“ trugen. Später hatten die Brüder gemeinsam regiert, und schließlich hatten sie das Herzogtum unter sich aufgeteilt. Teschen mit Umgebung entfiel auf Primislav II. und Ladislaus. Primislav war auch derjenige, der das Herzogtum wieder vereinigt hatte, da er als letzter von allen Brüdern im Jahre 1477 starb. Da der Herzog an politischen Wirrungen der damaligen Zeit teilgenommen hatte, konnte er keine langfristigen Vorhaben planen und durchführen. Aber auch dieser Herrscher hatte zur Entwicklung von Teschen beigetragen. Er verpachtete der Stadt zuerst zwei Brauereien, und im Jahre 1468 hatte er ihr das Recht zuerkannt, Weizenbier zu brauen. Mit seinem Wissen hatte die Stadtverwaltung das Dorf Boguschowitz gekauft, und die Einnahmen aus diesem Dorf waren für den Unterhalt des sogenannten Bürgerspitals, das heißt eines Armenhauses bei der heutigen St.-Georg-Kirche, bestimmt.
Nach dem Tode Primislavs II. übernahm sein Neffe Kasimir II., ein Sohn des Herzogs Bolko II., die Herrschaft im Teschener Herzogtum. Kasimir II. war neben Primislav I. Noszak zweifellos der bedeutendste Vertreter der Teschener Piastenlinie. Er hatte keinesfalls die große Politik gemieden. Unter anderem hatte Kasimir II. von 1490 an die Aufgaben des Oberhauptmanns von Schlesien wahrgenommen, außerdem verwaltete er im Namen des böhmischen Königs das Glogauer Herzogtum, und 1504erhielt er auch noch das Troppauer Herzogtum auf Lebenszeit. Gleichzeitig jedoch erkannte er die Bedeutung der Städte und der Stadtbürger an, und auch für seine Hauptstadt hatte er viel getan. Kasimir II. hatte die Arbeitsorganisation der Stadtverwaltung geordnet, indem er zum Beispiel die Behörde anhielt, jährlich dem Stadtvogt, den Schöffen und den Zunftmeistern eine Aufstellung über die Ausgaben vorzulegen. Außerdem wurde von ihm auch die Bezahlung der Beamten eingeführt. Er schützte die Bürger vor den Adligen, indem er angeordnet hatte, daß der Adel die gleichen Belastungen wegen eines Hausbesitzes in der Stadt zu tragen hatte wie die Stadteinwohner, und die Teschener Handwerker schützte er vor den fremden. Herzog Kasimir kümmerte sich sowohl um die Entwicklung der Zünfte wie auch um die Belange gewöhnlicher Bürger. Um dem Preisanstieg vorzubeugen, hatte er im Jahre 1523einen freien Markt für Fleisch eingeführt und vergrößerte die städtischen Weiden am Rande der Stadt. Während Kasimirs II. Regierungszeit wurde eine neue, gemauerte Pfarrkirche gebaut, zu der er die Orgel und die Glocken stiftete. Auf eine entscheidende Weise hatte er dazu beigetragen, den neuen Hauptmarktplatz anzulegen und das Rathaus zu errichten. Zu diesem Zwecke verkaufte er nämlich im Jahre 1496 der Stadt zwei Gebäude, die sich in sei-nem Besitz befanden. Er verpflichtete die Bürger, die Stadt mit einer Mauer zu umgeben, gleichzeitig sorgte er für eine Einkommens-quelle, die die Ausführung der Baumaßnahmen ermöglichte. Er verlieh 1523der Stadt das Weinmonopol sowie das ausschließliche Recht, das Bier in zweiundvierzig angrenzenden Ortschaften zu brauen und zu verkaufen.
Kasimir II. starb 1528 in einem hohen Alter. Die Gewalt über das Herzogtum fiel auf seinen vierjährigen Enkel Wenzel Adam, den Sohn des 1524verstorbenen Wenzel II. Der alte Herzog hatte noch für den Enkel die künftige Ehefrau ausgesucht, nämlich Maria von Pernstein. Maria war die Tochter des mächtigen Adligen Johann von Pernstein, des damaligen mährischen Landeshauptmanns. Die Regentschaft für den minderjährigen Thronfolger übernahmen seine Mutter Anna, die Marktgräfin von Brandenburg, und der besagte Johann von Pernstein gemeinsam. Erst im Jahre 1545, oder kurze Zeit vorher, übernahm Wenzel Adam die persönliche Herrschaft über das Teschener Herzogtum. Als erste Amtshandlung führte er im Teschener Herzogtum die Reformation ein. Die katholischen Pfarrer und Mönche wurden ausgewiesen, auch aus Teschen selbst, und das Vermögen der kirchlichen Institutionen beschlagnahmt. Den Grund und Boden des aufgelösten Franziskanerordens hatte der Herzog der Stadt Teschen geschenkt. Die Schenkung war aber ausdrücklich für das Bürgerspital bestimmt. Die Stadt erhielt von dem Herzog auch andere Rechte, zum Beispiel im Jahre 1571 das Recht, ein öffentliches Bad zu bauen. Nachdem im Jahre 1552 das Schloß und die Stadt einem Brand zum Opfer gefallen waren, befreite der Herzog die Bürger von Teschen für zwölf Jahre von den Steuern. Diese finanzielle Erleichterung beschleunigte den Wiederaufbau der Stadt. Die Bürgerhäuser am Marktplatz hatten dabei gemauerte Bogengänge erhalten. Als im Jahre 1570 die Stadt von einer Seuche heimgesucht wurde, hatte der Herzog die Kranken persönlich besucht und versuchte, ihnen zu helfen. Im Jahre 1573erließ Wenzel Adam eine weitere Anordnung, die die Organisation des Stadtrates und der Stadtverwaltung regelte. Er forderte die Amtsträger der Stadt auf, Wachdienste zu unterhalten, die auf den Türmen, Stadttoren und Stadtmauern postiert wurden und bei einem Feuerausbruch warnen sollten. Wenzel Adam hatte auch die Weinprivilegien der Stadt Teschen bestätigt und eine Anordnung für die Stadtverwaltung erlassen, wie diese beim Einkauf von Wein zu verfahren habe.
Wenzel Adam hatte auch im Jahre 1573die „Landesordnung des Teschener Herzogtums“ herausgegeben, die die Rechte und Pflichten des Adels regelte. Am Ende seines Lebens geriet jedoch der Herzog in einen scharfen Widerstreit mit dem Adelsstand. Außerdem versuchte der Herrscher, das religiöse Leben und das moralische Verhalten seiner Untertanen zu ordnen. Obwohl er um die Sittlichkeit der Bürger besorgt war und die Trunkenheit verurteilte, ließ er selbst keine Gelegenheit vorbeigehen, an Empfängen der Stadtverwaltung teilzunehmen, auf denen es meistens mehr zu trinken als zu essen gab. Der Herzog lebte über seine Verhältnisse und war total verschuldet. Seine Angestellten und den Adel bezahlte er mit Privilegien, nach denen sie Häuser in der Stadt besitzen durften, die auch noch zusätzlich von den Abgaben an die Stadt befreit waren. Dies hatte die Einnahmen der Stadt verringert. Darüber hinaus mußte die Stadt für die Schulden des herzoglichen Hofes bürgen.
Nach Wenzel Adams Tode im Jahre 1579 wurde seine zweite Frau Katharina Sidonia Regentin. Sie regierte an Stelle ihres Sohnes Adam Wenzel, der erst nach dem Tode seines herzoglichen Vaters auf die Welt kam. In ihren Beziehungen zu der Stadt Teschen setzte Katharina Sidonia die Politik ihres verstorbenen Mannes fort. Im Jahre 1580 erließ sie zum Beispiel eine spezielle Anordnung, die die Weinprivilegien der Stadt betraf. Bei der Gelegenheit nannte sie diese Privilegien „das größte Kleinod der Gemeinde“. Dennoch war die Herzogin bereits drei Jahre später damit einverstanden, den Ausschank des Weines für fünftausend Gulden an eine „Weinbruderschaft“ zu verpachten. Dank ihrer Fürsprache hatte im Jahre 1581 Kaiser Rudolf II.der Stadt Teschen das Recht verliehen, den vierten Jahrmarkt im Jahr abzuhalten, und zwar am Sankt-Andreas-Tag, das heißt am 30. November eines jeden Jahres. Im Jahre 1585 schenkte Katharina Sidonia der Stadt Grundstücke, damit dort ein Friedhof angelegt werden konnte. Auf dem Friedhof sollten die zahlreichen Opfer einer Seuche begraben werden. Die Herzogin hatte auch den Streit mit dem Adel beendet, und da Teschen Ellgoth und andere Dörfer besaß, konnten wieder regelmäßig die Versammlungen nach dem Landrecht stattfinden. Die Stadt hatte jedoch immer größere finanzielle Sorgen. Zu den Belastungen gehörten: die Bürgschaften für die Herzöge, die Kriegssteuern, die durch den Brand 1522 verursachte Zerstörung und die Seuche aus dem Jahre 1570. Viele Häuser in der Stadt standen leer, und die Steuer für sie mußten aus der gemeinsamen Kasse bezahlt werden. Allmählich begann die Stadtverwaltung, die einst erworbenen Immobilien zu veräußern. Sie verkaufte unter anderem die Weiher beim Schwarzwasser (Strumień), die städtische Apotheke und das öffentliche Bad.
Adam Wenzel wurde im Jahre 1595 volljährig und hatte die persönliche Herrschaft übernommen. Er heiratete Elisabeth, die Tochter Gotthard von Kettlers, des Herzogs von Kurland. Mit ihr hatte höchstwahrscheinlich das Kurländer Radschloß seinen Weg in die Stadt gefunden. Das Radschloß war ein unerläßlicher Teil des später berühmt gewordenen Gewehrs namens Teschink (oder Tschinke). Es handelte sich dabei um ein leichtes, reich verziertes Gewehr, das für die Vogeljagd bestimmt war. Auch Teschen selbst wurde durch dieses Gewehr in ganz Europa berühmt. In einem Dokument aus dem Jahre 1598 hatte Herzog Adam Wenzel die bisherigen Privilegien der Teschener Bürger bestätigt; er befahl ihnen aber gleichzeitig, für alle Ewigkeiten bei dem protestantischen Bekenntnis zu bleiben. Er lud mehrmals zwei protestantische Prediger zu sich aufs Schloß, nämlich Timotheus Lowczany und Georg Fabritius. Der Herzog bestätigte das städtische Privileg der Ausschließlichkeit, Bier zu brauen, und hatte sogar das Gebiet ausgedehnt, auf dem dieses Recht galt. Anderseits ließ er die damit im Widerspruch stehenden Privilegien des Landadels aus der Umgebung weiterhin gelten. Der Adel erkannte die Rechte der Stadt nicht an, was ständige Streitigkeiten zur Folge hatte. Zu seinen Zeiten erlebte Teschen im Jahre 1599 eine weitere Seuche und 1603einen Brand des Schlosses. Der Herzog kaufte sich damals ein Haus am Alten Mark, aber es ist zweifelhaft, ob er es bezahlte, weil er ständig Schulden hatte. Daran war sicherlich seine Neigung zum aufwendigen Leben schuld. Er war zum Beispiel im Jahre 1611 in Breslau feierlich aufgetreten, und in Gefolge führte er fast dreihundert Pferde. Auch für seine Darlehen mußte die Stadt bürgen. Er war gegen Lohn als Befehlshaber im Dienste der böhmischen Könige und der habsburgischen Kaiser tätig. Dies hatte dazu beigetragen, daß Adam Wenzel Ende des Jahres 1609 zum katholischen Glauben konvertierte und zur katholischen Kirche zurückkehrte. Er hatte den katholischen Geistlichen und den Ordensgemeinschaften ihr Vermögen zurückerstattet und die protestantischen Prediger aus der Stadt ausgewiesen. Ebenfalls versuchte er, seine Untertanen, darunter die Teschener Stadtbürger, zu einer solcher Bekehrung zu zwingen. Den Protestanten beließ er nur die von ihnen erbaute Dreifaltigkeitskirche, bei der bis zum Jahre 1654ein protestantischer Pfarrer tätig war.
Adam Wenzel war im Jahre 1617 gestorben, und sein minderjähriger Sohn Friedrich Wilhelm folgte ihm auf den Thron. In der Regierungszeit Friedrich Wilhelms hatten die Teschener Stadtbürger erstmalig gegen ihren Lehnsherrn aufbegehrt. Die religiösen Konflikte waren Ursache für diesen Widerstand. Nach dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges hatte im Jahre 1619 der von Protestanten beherrschte Stadtrat den katholischen Pfarrherrn mit Gewalt vertrieben und die katholischen Kirchen beschlagnahmt. Unmittelbar jedoch nach der Niederlage der Protestanten im Jahre 1620 in der Schlacht am Weißen Berg mußten die Kirchen den Katholiken zurückgegeben werden, und der Magistrat wurde mit einer hohen Geldbuße in Höhe von tausend Dukaten bestraft. Für eine kurze Zeit übernahmen die Protestanten erneut die Macht, und zwar im Jahre 1622 als ein Vertreter des Protestantismus, Markgraf Johann Georg von Hohenzollern, Herzog von Jägerndorf (Krnov), sich der Stadt und des Schlosses bemächtigte. Nachdem im Jahre 1624Herzog Friedrich Wilhelm persönlich die Macht übernommen hatte, verwies er wiederum die protestantischen Geistlichen der Stadt, ernannte einen katholischen Pfarrherrn und bestrafte die hohen städtischen Beamten. Noch vor diesen Ereignissen hatte eine Seuche 1623erneut die Stadt befallen. Der Herzog ordnete damals an, daß Häuser der verstorbenen Handwerker und Kaufleute nur Stadtbürger mit einem ähnlichen Beruf übernehmen dürfen, und nicht der Adel.
Herzog Friedrich Wilhelm regierte kurz, aber es gelang ihm in dieser Zeit, sich von Sebastian und Andreas Reiss beinahe tausend Gulden zu leihen. Für dieses Geld konnte man damals ein paar Stadthäuser kaufen. Er starb 1625 in Köln, auf dem Weg in die Niederlande, wo er vorhatte, gegen die Protestanten zu kämpfen. Er war der letzte männliche Nachkomme der Teschener Piastenlinie. In seinem Testament hatte Friedrich Wilhelm das Teschener Herzogtum seiner Schwester Elisabeth Lukretia vermacht. Dies stand im Widerspruch zum böhmischen Lehnsrecht und erst nach einigen Jahren erklärte sich der Kaiser damit einverstanden, daß Elisabeth Lukretia in Teschen herrschte. Sie durfte jedoch nur bis zu ihrem Lebensende auf dem Teschener Thron bleiben, und hatte nicht das Recht, ihn an ihre Kinder aus der Ehe mit Herzog Gundaker von Liechtenstein zu vererben. Elisabeth Lukretias Herrschaft fiel auf die schlimmste Zeit in der Geschichte Europas. Obwohl die größten Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges woanders stattgefunden hatten, wurde Teschen von Militärtruppen beider Seiten heimgesucht. Im Jahre 1626 wurde die Stadt von dänischen Truppen mit Graf Mansfeld an der Spitze besetzt. Graf Mansfeld setzte ein weiteres Mal die protestantischen Pastoren in Teschen ein. Nachdem er weggegangen war, wurde die Herzogin gezwungen, ein Religionsstatut herauszugeben. Dieser Rechtsakt beschränkte die Teilnahme an den Schlüsselpositionen in der Stadtverwaltung und die Mitgliedschaft in den Zünften auf die Katholiken. Dies hatte zur Folge, daß viele protestantische Bürger es vorgezogen hatten, die Stadt zu verlassen. Die Herzogin, wie früher ihre Vorfahren, hatte die städtischen Privilegien (1626) und die Privilegien der Zünfte bestätigt. Sie kümmerte sich auch um die Interessen der protestantischen Bevölkerung. Dazu wurde sie sogar gezwungen, denn als Folge der Kriege und der Seuche stand in der Stadt mehr als die Hälfte der Häuser leer. Von ihrem Vater und ihrem Bruder hatte die Herzogin vor allem eine leere Schatzkammer und riesige Schulden geerbt. Um an Bargeld zu kommen, hatte sie, trotz kaiserlicher Verbote, den Mauteinzug im Herzogtum an Juden verpachtet. Im Jahre 1631 ließ sich in Teschen ein gewisser Jakob Singer aus Ivančice bei Brünn (Brno) nieder, der auch einer der Vertrauten der Herzogin wurde. Elisabeth Lukretia versuchte ihr Einkommen auch dadurch zu vergrößern, daß sie eine immer größere Geldmenge in den Münzstätten in Teschen und Skotschau prägen ließ.
Noch einige Male hatten Militärtruppen Teschen besetzt, und Elisabeth Lukretia mußte in Polen Schutz suchen. Dies geschah auch im Jahre 1645, als die Stadt und das Schloß von schwedischen Truppen eingenommen wurden. Nach einer Belagerung durch die kaiserlichen Truppen, die im Frühjahr kommenden Jahres stattgefunden und einige Wochen gedauert hatte, war die Residenz der Teschener Piasten total ruiniert. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte die Herzogin in einem provisorischen Domizil an der Ecke des Teschener Marktplatzes (Rynek) und der Scherschnikgasse (ul. Szersznika). Dort starb sie auch am 19. Mai 1653. Der Versuch ihres Sohnes Friedrich Johann von Liechtenstein, die Herrschaft in Teschen zu übernehmen, wurde von den Habsburgern verhindert. Es waren nämlich die Habsburger, die als böhmische Könige nach dem Erlöschen der Teschener Piastenlinie ihre Nachfolge im Teschener Herzogtum angetreten hatten. Die Habsburger störten sich auch nicht daran, daß die Schulden, die sie übernommen hatten, den Wert des ganzen Herzogtums dreifach überstiegen.
Wir wissen es heute nicht, mit welchen Gefühlen sich die Teschener Bürger von der Dynastie verabschiedet hatten, die in ihrem Land länger als dreihundertsechzig Jahre geherrscht hatte. Nach dem Aussterben der Piastenlinie hatten die neuen Machthaber, die Habsburger, keinen Grund gehabt, die Erinnerung an die alten Herrscher zu pflegen. Die Stadt erlebte einige große Brände, und es kam eine Zeit der großen wirtschaftlichen und städtebaulichen Veränderungen. Daher sind nur wenige materielle Objekte übriggeblieben, die an die Piasten selbst oder ihre Zeit im allgemeinen in Teschens Geschichte erinnern. Um wenigstens die wichtigsten zu sehen, wäre ein Spaziergang durch die Stadt erforderlich, den man mit dem Teschener Schloß, dem Sitz und der Residenz der Teschener Herrscher aus dem Geschlecht der Piasten, beginnen sollte.
Textredaktion und Wahl der Abbildungen: Renata Karpińska
Übersetzung aus dem Polnischen: Magdalena Engelmann